Nach einer längeren Winterpause habe ich Ende Februar meinen ersten Puppennähkurs in diesem Jahr gegeben. Wenn die letzte Veranstaltung schon einige Wochen zurückliegt, bin ich immer besonders aufgeregt und frage mich (allen Ernstes), ob ich es überhaupt noch kann. Was natürlich Quatsch ist. Der Start der neuen Saison war super! Und auch der Kurs am vergangenen Wochenende war richtig toll. Ineke Gray, eine bekannte Puppenmacherin aus den Niederlanden, war auch dabei und hat uns am Sonntag mit einem wunderschönen, kleinen Puppentheaterstück den Einstieg in den zweiten Tag versüßt. Diese Frauenrunden in meinen Kursen sind stets ein großes Geschenk für mich und ich staune immer wieder, wie weit die Puppennähverliebten oft anreisen, um hier in Berlin ein kreatives Wochenende mit mir zu verbringen.
Auf der anderen Seite der Kreativität tanzen für Mariengold viele, viele Zahlen, die in den letzten beiden Jahren immer komplexer geworden sind (zuletzt wegen der neuen Umsatzsteuerregelung für den Verkauf von digitalen Produkten innerhalb der EU). Zum Glück werde ich seit Beginn meiner Selbständigkeit von einem Steuerbüro unterstützt, das seit 2014 auch meine komplette Buchhaltung macht. Trotz dieser großen Entlastung bleibt für mich noch genug zu tun und so kämpfe ich mich am Monatsende immer durch die sogenannte „vorbereitende Buchhaltung“, bei der ich alle Ausgangs- und Eingangsrechnungen samt Zahlungsbelegen sortiere und sie dann ins Steuerbüro schicke. Außerdem werte ich die monatlichen Zahlen auch nach eigenen Fragen aus, um bestimmte Tendenzen in meinem Geschäft festzustellen. Das ist immer ganz schön viel Arbeit, aber die Freude über die Entwicklung und Zahlen von Mariengold ist meistens riesig.
Solche kleinen und großen Lichtblicke haben mir im Januar und Februar oft gefehlt. Krankheit, Erschöpfung und Müdigkeit lagen wie ein grauer Schleier über meinem Alltag. Meiner Arbeit konnte ich in dieser Zeit nur mit disziplinierter Gleichgültigkeit nachgehen. Was bin ich froh, dass diese zähe Phase jetzt endlich vorbei ist und ich mit neuem Schwung in den Frühling starte!
Dabei hilft auch der alljährlicher Frühjahrsputz hier in meinem Atelier: Türkisblaues Puppenhaargarn – brauche ich nicht, also weg damit. Nicht so schöne Stoffe, die seit Jahren in meinem Vorrat lagern – werde ich wohl nicht vernähen und mag sie auch nicht mehr sehen. Unmengen an größeren und kleineren Garnresten – nehmen nur Platz weg und locken die Motten an. Ich habe ganz viel Material aussortiert, entsorgt und verschenkt. In meinen Schränken und Regalen ist jetzt tiptop aufgeräumt. Meine Nähmaschinen sind entstaubt und poliert, Zettelberge und viel zu lange aufgeschobene Aufgaben abgearbeitet und die Pinnwand leergefegt. Sogar mein Laptop konnte mal durchschnaufen, denn ich habe alle Ordner durchgeschaut, sortiert und altes Zeug ausgemistet. Der Mittwoch ist jetzt nicht mehr nur mein Nähmaschinentag, sondern auch Putztag, dann mache ich hier alles sauber und ordentlich. Kurz: Ich bin gerade offen für frischen Wind und etwas Neues für Augen, Hände und Herz.
Ja, ich spüre Veränderungen kommen, keine grundsätzlichen, riesengroßen. Eher ein neuer Blick auf meine Arbeit, auf die Essenz von Mariengold. Im Februar habe ich eine Puppe für Caro von Naturkinder genäht. Diese Puppe war ganz schlicht und einfach, wie ein Wiedersehen mit den Anfängen von Mariengold. Das war total schön! Seitdem denke ich viel über meine Entwicklung als Puppengestalterin nach und stelle das ein oder andere in Frage. Was braucht es wirklich für eine gute Puppe für Kinder? Gerade möchte ich die Dinge möglichst einfach halten und glaube, dass in Bezug auf die Puppen weniger mehr ist. Diese Gedanken möchte ich weiterspinnen und träume von einer kreativen Klausur, in der das quirlige Tagesgschäft hier mal ruhen darf und ich mich nur mit der Zukunft meiner Arbeit beschäftige. Ostern wäre doch dafür eine gute Zeit?!
Wie jedes Jahr habe ich im Januar viele Ideen für Mariengold gesammelt. Jetzt heißt es filtern und Prioritäten setzen. Das kann auch den Abschied von einem Projekt bedeuten, in das ich ganz verknallt war, oder Liebe auf den zweiten Blick für ein Vorhaben, das ich vorher nicht so spannend fand, oder kein weiterer Aufschub für eher unliebsame, trockene Themen. Immer am Monatsbeginn plane ich alle Projekte und Vorhaben für die nächsten Wochen. Das hilft mir, die Entwicklung meines Labels gut im Blick zu behalten und an meinen Zielen und Wünschen dranzubleiben. Meine Wintererschöpfung hat mir auch gezeigt, wo meine Grenzen liegen. Deshalb liegt mein Fokus jetzt darauf, die Dinge bequem machbar zu gestalten und mir lieber nicht zu viel vorzunehmen.
Genau so arbeiten Laura und ich auch an unserer Filzkopfpuppenanleitung. Ganz ehrlich, wenn ich das Projekt ganz allein gemacht hätte, es wäre wahrscheinlich schon abgeschlossen – und ich kaum zum Durchatmen gekommen! Es ist toll, jetzt mit Laura eine ganz andere Erfahrung zu machen und das Projekt weniger zu pushen, sondern mehr sich entwickeln zu lassen und uns die Zeit zu nehmen, die wir brauchen. Wir treffen uns ungefähr alle 10 bis 14 Tage, machen dann Fotos für die Anleitung, plaudern und snacken, entwerfen und tüfteln Ideen aus. Zwischen unseren Verabredungen nehme ich mir zwei, drei halbe Tage Zeit für das Schreiben der Texte, das Update der Projektplanung, den Austausch mit der Grafik-Designerin und der Übersetzerin und was sonst noch zu tun ist. So bleibt genug Luft für alles andere.
Zum Beispiel arbeite ich gerade an einer Lizenz für die Nutzung meiner Puppennähanleitungen und Schnitte in Kursen, dafür gibt es gerade eine Nachfrage. Dabei werde ich wieder von dem Anwalt für Kreativrecht unterstützt, der schon meine Lizenz für die gewerbliche Herstellung von Puppen nach Mariengold-Entwürfen aufgesetzt hat. Ich kann mich noch gut an unser allererstes Gespräch im Februar vor zwei Jahren erinnern, als er mir keine 10 Minuten nach der Begrüßung voraussagte, dass das Lizenzgeschäft einmal sehr wichtig für Mariengold werden könnte. Damals habe ich ihm innerlich einen Vogel gezeigt. Heute sehe ich das Potenzial und habe angesichts des immer komplexer werdenden Marktes für Stoffpuppen große Lust, Neues auszuprobieren und weiterhin meinen ganz eigenen Weg zu beschreiten.
Ich freue mich so über die ersten Frühlingssonnenstrahlen und auf die nächsten Wochen hier bei Mariengold! Es liegt was in der Luft.