2. September 2015

PuppenMITmacherei 2015: Herstellung von Kopf und Körper

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Welcome back to the third meeting of the „Puppenmitmacherei“, a doll making initiative by Naturkinder and Mariengold! Hopefully your summer is recreative and inspiring and you are ready for the next action. Today we have a great deal to do: at first we make the doll head. When this obstacle is overcome, we stuff the arms and legs and sew the doll together. Below I share tips and tricks, answer some frequently asked questions and make a forecast on our next date in October. An online translator can be found here, more details about the initiative here. If you take part in the „Puppenmitmacherei“ and write about it on your blog, Instagram or Facebook, don’t forget to link your article at Naturkinder today. Cheer up! Caro and I wish you great joy in making your doll today.

Willkommen zurück bei der Puppenmitmacherei von Naturkinder und Mariengold! Ich hoffe, ihr habt einen schönen Sommer und seid gestärkt und inspiriert und bereit für die nächsten Arbeitsschritte an eurer Puppe.

Bei unserem zweiten Treffen Anfang August haben wir unser Puppenstudio eingerichtet, Anleitung und Schnittmuster, Material und Arbeitsutensilien bereitgelegt und die Puppenteile mit der Nähmaschine genäht.

Heute gibt es richtig viel zu tun: wir nehmen die erste große Hürde und stellen den Puppenkopf her. Wenn das geschafft ist, stopfen wir die Arme, Beine und den Rumpf und nähen die Puppe zusammen. Seid ihr bereit? Kann’s losgehen?

Herstellung des Kopfes

Beginnen wir mit dem Kopf. Im Großen und Ganzen brauchen wir dafür folgende Materialien und Arbeitsutensilien:

Schurwolle am Vlies
Mullschlauch
Abbindegarn
Maßband
Häkelnadel Stärke 3 bis 4
Filznadel
Stecknadeln
Nähnadel
Schere
Den bereits genähten Kopfbezug

Mullschlauch kommt in verschiedenen Qualitäten. Wenn ihr wie ich mit eher dünnem Material arbeitet, nehmt ihn doppelt für mehr Stabilität. Mullschlauch gibt es z. B. bei Wollknoll. Die größte Auswahl und den besten Preis bekommt ihr in der Apotheke.

Zum Modellieren der Kopfform braucht ihr ein extrastarkes, reißfestes Garn. Ich nehme dafür das synthetische Abbindegarn von Wollknoll. Mit starkem Zwirn, sehr dünner Paketschnur oder gewachster Zahnseide geht es aber auch gut. Passt auf eure Hände auf! Das dünne Garn schnürt die Haut ein. Falls nötig, schaffen dünne Lederhandschuhe hier Abhilfe.

Zum Rollen des Kopfes und Stopfen der Arme, Beine und des Rumpfes empfehle ich euch Schafschurwolle am Vlies (z.B. hier erhältlich). Ich liebe dieses Material! Schurwolle ist natürlich, duftet herrlich, lässt sich filzen, ist schmutzabweisend und selbstreinigend und kann Wärme speichern. Besser geht’s nicht!

Zum Beziehen des Kopfes nehme ich den Schweizer Trikotstoff von Wollknoll in der leichten, gut dehnbaren Qualität mit einem glatten Maschenbild auf beiden Seiten. Dieser Stoff schmiegt sich gut an den Kopf und bringt die abgebundenen Formen wunderbar zur Geltung. Durch seine Weichheit ist er nicht ganz so robust wie die feste, weniger gut dehnbare Qualität für den den Rest des Körpers. Dieser kleine Unterschied macht sich im Puppenspielalltag aber kaum bemerkbar.

Eine wichtige Frage ist, wie fest die Kopfkugel, die Ausgangsform des Hauptes, eigentlich sein soll. Ist sie zu weich, wird auch der Kopf zu weich. Dann verliert er später schnell seine Form, wird z. B. platt, wenn das Kind häufig darauf liegt. Ist die Kugel wiederum zu hart, kann sie nicht gut modelliert werden und der Kopf bekommt nicht seine typische Form mit der Vertiefung auf Höhe der Augen, den runden Wangen und dem ausgeprägten Hinterkopf. Ein hilfreiches Bild ist das der reifen Pflaume, d. h. die Kopfkugel soll fest im Kern sein, beim Andrücken aber ein wenig nachgeben.

Keine Sorge, falls es euch nicht gelingt, die Kopfkugel richtig rund zu rollen! Mit der Filznadel könnt ihr anschließend eine schöne Form ausarbeiten und Unebenheiten glätten. Dafür mit der Filznadel an den nötigen Stellen mehrmals einstechen und die Kugel gleichmäßig formen. Auch hier gilt wieder: achtet auf eure Hände, denn Filznadeln sind sehr, sehr spitz und haben mehrere Widerhaken am Schaft!

Ein großes Problem von Stoffpuppen ist häufig, dass der Kopf mit der Zeit immer lockerer auf dem Körper sitzt und im schlimmsten Fall irgendwann nach vorne hängt. Ein trauriger Anblick! Was tun? Entscheidend ist, wieviel Wolle sich an der Verbindung zwischen Kopf und Körper befindet. Je mehr Wolle es dort gibt, desto fester und stabiler sitzt der Kopf später auf dem Körper. Macht den Hals – auch wenn er bei traditionellen Waldorfpuppen nicht sichtbar ist – also nicht zu dünn, sondern sorgt an dieser Stelle für ordentlich Substanz und Festigkeit.

Wenn die Kopfkugel gerollt, in Wolle gehüllt und mit Mullschlauch bezogen ist, geht es ans Modellieren. Das Wichtigste hierbei ist das Abbinden der sogenannten Augenlinie, die den Kopf horizontal in zwei Hälften teilt. Dadurch entsteht eine Vertiefung im Gesicht, auf der später die Augen sitzen. Nehmt das Garn für diesen Arbeitsschritt ruhig doppelt, denn es wird viel Zug auf diesen Faden gebracht, damit die Furche schön tief wird. Die Höhe der Augenlinie bestimmt ihr selbst. Sie kann auf der Mitte der Kopfkugel sitzen oder etwas darunter oder darüber. Je tiefer die Augenlinie sitzt, desto höher ist die Stirn und desto jünger wirkt die Pupppe (Stichwort „Kindchenschema“). Wenn ihr unsicher seid, markiert nach dem Abbinden die Augen und den Mund mit Stecknadeln und schaut, wie euch das Gesicht gefällt. Wenn ihr etwas ändern möchtet, löst die Augenlinie wieder und positioniert sie neu.

Nase oder nicht? Meine Puppen hatten in den ersten Jahren von Mariengold keine Nasen und jetzt möchte ich nicht mehr auf sie verzichten. Es gibt gute Argumente sowohl für als auch gegen Nasen. Dagegen spricht, dass erhöhte Körperteile schneller schmutzig und im schlimmsten Fall sogar löchrig werden. In der Waldorfpädagogik gibt es auch die Ansicht, dass Kinder keine Nasen an den Puppen brauchen, weil sie sich diese ja einfach vorstellen können. Wiederum bereiten Nasen Kindern eine Riesenfreude, denn man kann sie streicheln, putzen, küssen und das eigene Näschen daran reiben! Aus gestalterischer Sicht spricht für Nasen, dass sie das Gesicht strukturieren und ihm einen individuellen Touch geben. Die Nasen der Puppen meiner Freundin Julia von Von Kowalke z. B. sitzen sehr tief, was mittlerweile ein wichtiges Wiedererkennungsmerkmal ihre Goldstücke ist. Folgt in dieser Frage eurem Herzen und macht kein Dogma daraus!

Wenn der Kopf fertig modelliert ist, wird er mit Stoff bezogen. Über die Vorzüge von Puppentrikot in der leichten, gut dehnbaren Qualität habe ich oben schon geschrieben. Mir ist gerade noch ein weiterer Vorteil eingefallen: durch seine gute Dehnbarkeit macht dieser Stoff weniger bis überhaupt keine Falten am Hals. Dafür beim Anzeichnen des Kopfbezugs auf dem Stoff die Öffnung für den Hals möglichst schmal machen und das Ganze dann mit viel Geschick und Fingerkraft über den Kopf ziehen und sauber abbinden.

Stopfen der Teile und Zusammennähen der Puppe

Aus meinen Kursen weiß ich, was für eine große Herausforderung die Anfertigung des Kopfes ist und wie riesig die Erleichterung ist, wenn das geschafft ist, vor allem wenn man vorher noch nie eine Puppe genäht hat. Deshalb gönnt euch jetzt erst einmal eine schöne Pause, erholt und stärkt euch, bevor es mit dem Körper weitergeht.

Für die nächsten Arbeitsschritte brauchen wir:

Die genähten Puppenteile
Stopfwolle
Holzlöffel und Essstäbchen
Stecknadeln
Nähnadel
Nähgarn
Schere

Zum Stopfen der Puppenteile benutze ich Kochlöffel aus Melamin oder Holz. Zum Ausarbeiten feiner Formen wie die Daumen sind stabile Essstäbchen hilfreich.

Also Stoff für die Arme, Beine und den Rumpf verwende ich den Schweizer Trikotstoff von Wollknoll in der schweren, weniger gut dehnbaren Qualität mit einem glatten Maschenbild auf der rechten und einem krausen Maschenbild auf der linken Seite. Dieser Stoff ist sehr kräftig, widerstandsfähig, schmutzabweisend und gewährleistet eine lange Erhaltung der Puppe.

Stopft eure Puppe möglichst fest. Denn je fester eine Puppe gestopft ist, desto länger bleibt sie in Form. Meine Tipps: nicht zu kleine Wollstücken verwenden. Die Wolle mit der einen Hand und dem Kochlöffel kräftig in die Teile hineinschieben und mit der anderen Hand den Stoff straffziehen. Die Wolle nicht nur an einer Stelle, sondern feste von allen Seiten aus in die Teile hineindrücken. Und keine Angst, der Stoff ist robust und hält ordentlich was aus. Die Nylbondnähte sind absolut stabil. Ihr könnt also richtig Gas geben!

Festigkeit ist aber auch kein Muss. Manchmal will es einfach nicht gelingen oder ist gar nicht gewünscht. Ich mag z. B. auch sehr die eher locker gestopften Puppen meiner Freundin Laura von 1000 Rehe. Weichheit ist ja auch eine ganz bestimmte Qualität, die zu manch einem Kind vielleicht besser passt als das Harte, Feste.

Wenn die Teile gestopft sind, geht es an das Zusammennähen der Puppe. Ich empfehle euch dafür das Extra Stark No. 40 oder das Knopflochgarn von Gütermann (z. B. hier erhältlich), beides reißfeste Garne aus Polyester für stark beanspruchte Nähte. Mit Nylbond geht es auch, wobei mir dieses Garn für diesen Zweck zu glatt und rutschig ist. Falls ihr nur mit natürlichen Materialien arbeiten möchtet, tut es natürlich auch ein Baumwollgarn.

Euer Stich für die Handnähte: der Matratzenstich, auch Blindstich, Leiterstich oder Zaubernaht genannt. Zaubernaht tritt es sehr gut, denn dieser Stich macht ganz saubere Nähte, bei denen der Faden nicht sichtbar ist. Der Matratzenstich wird daher für alle Nähte außen an der Puppe verwendet. Tutorials dazu findet ihr in Handarbeitsbüchern oder im Internet.

Ich wünsche euch guten Mut, geschickte Hände und einen langem Atem bei der Herstellung von Kopf und Körper eurer Puppe! Und denkt daran, eure Beiträge heute bei Naturkinder zu verlinken. Dort verlost Caro auch das wunderbare Buch „Lulu & Pip“, das ich Ende Juli hier auf meinem Blog ausführlich besprochen habe. Alle Teilnehmerinnen unseres dritten Online-Dates zur Puppenmitmacherein sind herzlich dazu eingeladen!

Fragen an Mariengold

Nach diesem langen Text sind hoffentlich nicht mehr allzu viele Fragen offen. Hier beantworte ich jetzt noch drei spezielle Anliegen zum Thema Kopf und Körper, die besonders häufig vorkommen.

Meine Puppe soll einen Hals bekommen. Wie mache ich das am besten?
Dafür gibt es viele verschiedene Möglichkeiten. Eine sehr einfache ist, den Unterteil des klassischen Puppenkopfes, den Karin Neuschütz in ihrem Buch „Die Waldorfpuppe“ als Halswulst bezeichnet, nicht vollständig in den Rumpf einzunähen, sondern einen Teil davon als Hals herausschauen zu lassen. Diese Technik erklären Laura und ich ausführlich in unserem Charlie Bo E-Book.

Wie erreiche ich gut bewegliche Arme und Beine für meine Puppe?
So eine Schlenkerpuppe bekommt ihr, wenn ihr die Arme und Beine nicht vollständig stopft, sondern genug Luft (ich sage mal 3 cm) für das Einnähen der Glieder in den Rumpf lasst. Je weniger Wolle sich an den Gelenken befindet, desto beweglicher sind die Arme und die Beine. Die Puppe mag dann an diesen Stellen vielleicht nicht besonders schön aussehen, weil sie an den Gelenken ziemlich dünn ist, aber dafür schlenkern die Arme und Beine ganz toll und diese Körperteile sind ja meistens auch bekleidet.

Mein Kind hat eine Allergie gegen Schafwolle./Ich möchte eine vegane Puppe herstellen. Welches Material kannst du empfehlen?
In der Regel sind beim Puppenmachen die einzigen Materialien, die Schafwolle enthalten bzw. tierischen Ursprungs sind, die Füllwolle und das Puppenhaargarn. Beides kann ersetzt werden. Für die Herstellung des Kopfes und zum Stopfen der Puppe könnt ihr auf Baumwolle, Kapok oder andere pflanzliche oder snythetische Fasern ausweichen. Allerdings kommen diese Materialien nicht im Vlies, sondern eher in Flocken, so dass sie nur bedingt zum Rollen der Kopfkugel geeignet sind. Dann müsst ihr mit anderen Techniken experimentieren. Als Alternative für Puppenhaar aus tierischen Fasern wie Schurwolle und Mohair fällt mir nur Baumwollgarn und synthetisches Garn ein. Am besten sucht ihr im Internet nach veganen Puppenmacherinnen und holt euch Rat. Mir fehlt da einfach die Erfahrung. In meinen acht Jahren als Puppengestalterin habe ich nur ein einziges Mal eine Bestellung für eine vegane Puppe erhalten. (Nach wie vor sehe ich ganz viel Potenzial in dem Thema und einen Zukunftsmarkt für die Puppenmacherei – nicht für mich, aber vielleicht für Frauen, die gerade mit dieser Arbeit beginnen und ihre Nische suchen. Aber das ist ein anderes Thema.)

Wie es weitergeht

Der nächste Termin für die Puppenmitmacherei ist Mittwoch, der 7. Oktober. Wenn der Termin heute die Pflicht ist, kommt im Oktober die Kür! Denn dann gestalten wir Gesicht, Haare und Details wie Bauchnabel, Popo, Ohren und worauf immer ihr Lust habt. Mit diesen Merkmalen werden wir die Persönlichkeit unserer Puppen wunderbar herausarbeiten. Das wird toll!

Weitere Fragen zu allen Themen der Puppenmitmacherei an hello@mariengold.net.

Mehr zu Puppenmitmacherei findet ihr hier.

in: Puppenmitmacherei mit Naturkinder