28. April 2020

Aus meiner Puppenreparaturwerkstatt: Meta

Zu den Sternstunden meiner Arbeit zählen auch die Momente, wenn ich Bilder von alten, sehr alten Puppen zu sehen bekomme, meist verbunden mit einer Reparaturanfrage. Diese Bilder gehen mir immer sehr zu Herzen, denn sie erzählen von jahre-, manchmal jahrzehntelangem Puppenspielglück, was auch das Glück einer jeder Puppenmacherin ist.

Natürlich sehen diese Puppen entsprechend mitgenommen aus, gealtert, zerrupft und zerliebt und bei weitem nicht jede erweckt den Eindruck, wirklich noch ein zweites Leben zu wollen. Dann rate ich meist dazu, ihr einen ruhigen Lebensabend zu gönnen und den Enkeln oder Kindern lieber eine taufrische, muntere Puppe in die Arme zu legen.

Aber manchmal blickt bei den alten Puppen noch etwas durch, eine Abenteuerlust, eine Spielsehnsucht, eine besondere Mission. So war es auch bei Meta, einer sehr in die Jahre gekommenen Puppe. Trotz ihrer körperlichen Versehrtheit nahm ich schon beim ersten Bildeindruck eine starke Präsenz wahr, die mich interessierte. Auch als die Puppe dann bei mir war, spürte ich diesen Lebensfunken und eine kraftvolle Energie und dass sie wohl noch eine Aufgabe in diesem Leben hatte. Dazu brauchte sie nur einen neuen, stabilen Körper. Der Kopf war voll und ganz intakt und sollte auch nicht verändert werden.

Was ich gemacht habe: Erst einmal grob ein neues Schnittmuster für die Puppengröße 65 cm erstellt (denn so eine große Puppe hatte ich vorher tatsächlich noch nie hergestellt). Arme und Beine genäht, fest mit Wolle gestopft und geprüft, ob sie zum Kopf und zur angestrebten Gesamtlänge passten. Entsprechend den Rumpf gestaltet, wofür ich zwei Anläufe brauchte, da sich meine Konstruktion erheblich von der ursprünglichen unterschied. Die Glieder an den Rumpf genäht, den Bauch mit Wolle gefüllt und wieder kontrolliert, ob es zum Kopf passte. Dann mutig den alten Körper vom Kopf abgetrennt. Hier war die Schwierigkeit, dass der Stoff von Kopf und Rumpf an einem Stück war und ich eine Möglichkeit finden musste, ein Kopfunterteil zu formen, das stabil genug war, um dem Kopf am neuen Körper Halt zu geben, zumal der auf dem alten Rumpf schon herzlich wackelte. Ist mir gelungen, sogar besser als gedacht und von Wackeln nicht mehr die Spur. Zuletzt Kopf und Körper verbunden, etwas Rouge aufgelegt und die Haare frisch frisiert.

Das alles dauerte natürlich viel länger als geplant, machte mir aber unglaublich viel Freude und auch Lust, in Zukunft wieder mehr Reparaturen anzunehmen. Und auch wenn der Rumpf vielleicht etwas zu groß geraten ist und die Beine ein wenig zu dünn, gefällt mir Meta mit ihrem neuen Körper richtig gut und auch meine Kundin war zufrieden: „Nun kann sie mit den Enkelkindern weiterspielen und ihre Menschwerdung begleiten!“

Alle Details zu meinem Reparaturangebot findet ihr hier, weitere Beiträge zum Thema hier.

in: Reparaturen