21. Oktober 2015

Interview: „Ich wollte einfach selbst bestimmen, was ich mache.“

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Meine Puppennähkurse sind echte Wundertüten. Ich freue mich immer wahnsinnig auf die Frauen, bin neugierig, was für Geschichten sie mitbringen und mit was für Puppen sie nach Hause gehen. Und manchmal nehmen die Frauen noch viel mehr mit als ein Spielzeug für ihr Kind. Dann wirkt so ein Kurs wie kreativer Zunder für das ganze Leben.

So geschehen im Mai 2014 bei Kathrin, einer gelernten Spielzeuggestalterin aus Stuttgart, die ich euch letztes Jahr schon in einem Interview vorgestellt habe. Seitdem hat sich viel bei ihr verändert.

Im September gab es ein freudiges Wiedersehen in Lauras und meinem Filzkopfkurs hier in Berlin. Danach hat sie mir wieder ein paar Fragen für meinen Blog beantwortet.

Liebe Kathrin, seit unserer ersten Begegnung im Frühling 2014 ist viel bei dir passiert. Im Schnelldurchlauf: was hat sich beruflich bei dir getan?  
Liebe Maria, das ist wahr. Schon während des Kurses bei dir reifte in mir die Erkenntnis, dass ich für mich etwas ändern muss. Zu Hause angekommen, habe ich allen vorgeschwärmt, was dieser Kurs in mir bewegt hat. Nach langen Gesprächen mit meinem Mann, meiner Familie und Freunden entschied ich mich, zu Ende des Jahres zu kündigen, meine Festanstellung aufzugeben und mich als Puppenmacherin selbständig zu machen. Das tat ich dann auch im Sommer, so dass die Firma, bei der ich arbeitete, genug Zeit hatte, Ersatz für mich zu finden. Ich habe dann dort noch im Schnelldurchlauf eine neue Kollektion entwickelt, die Ende des Jahres in den Handel kommt. Dabei war ich so gelassen und entspannt, wie ich es die letzten Jahre nicht war. Dadurch ist eine schöne letzte Kollektion entstanden, die sehr gut ankommt. Ende des Jahres habe ich dann mein Gewerbe als Puppenmacherin angemeldet, bevor es in der Firma in die letzte Runde ging.

Was waren die wichtigsten Gründe, deine Festanstellung aufzugeben und dich als Puppenmacherin selbständig zu machen? Welche Hoffnungen und Wünsche waren damit verbunden?
Ich wollte einfach selbst bestimmen, was ich mache, ohne Vorgaben, die man als fest angestellte Designerin nun mal bekommt. Natürlich gab es nie exakte Vorgaben zur Entwicklung meiner Produkte und das Unternehmen war immer offen für neue Ideen, aber am Ende des Entwicklungsprozesses stand oft ein Produkt, das nicht mehr 100 % meins war. Produktionsbedingte Änderungen und vor allem die Mitsprache verschiedener Abteilungen waren Punkte, die mir mehr und mehr zu schaffen machten.

Wie geht es dir jetzt als professionelle Puppenmacherin mit einem eigenen kleinen Label? Was macht dir am meisten Freude? Was ist die größte Herausforderung? Was musst du noch lernen?
Jetzt geht es mir deutlich besser! Ich mache das, was mir Spaß macht. Ich mache Puppen, die man liebhaben kann, individuell für jedes Kind, und bin gerade dabei, das Thema Puppe weiterzuspinnen. Ich habe gemerkt, dass auch Schulkinder Puppen lieben, die aber andere Bedingungen erfüllen müssen. Meine Tochter brachte mich durch eine Barbie auf die Idee, in diese Richtung zu denken. Dieses Projekt ist mir eine Herzensangelegenheit und macht mir im Moment die allergrößte Freude. Natürlich kämpfe ich auch mit Herausforderungen. Den ganzen Prozess zu verwalten von Werbung,  Homepage, Blog über Bürokram, CE-Zeichen bis hin zum Nähen, Ausstopfen und Entwickeln, ist nicht immer leicht unter einen Hut zu bekommen. Zumal ich manchmal gerade dann, wenn ich einen Lauf habe, mit was auch immer „gestört“ werde, weil mit drei Kindern ja immer auch noch irgendwas anderes läuft. Hier muss ich dringend noch lernen, Prioritäten zu setzen, ein Ende zu finden, meinen Perfektionismus abzulegen und gelassener zu werden. Ich muss einfach aufhören, Dinge perfektionieren zu wollen und neue Ideen erst mal aufschreiben und nicht gleich nachgehen. Außerdem muss ich mit mir und meiner Arbeit mehr Geduld haben und mir überall ausreichend Zeit einräumen, besonders für Dinge, die mir nicht so leicht von der Hand gehen. Und ich muss meinen Zeitplan so aufstellen, dass genug Zeit für meine Familie bleibt, ohne das Gefühl des rennenden Hamsters im Rad.

Was hast du in deiner langjährigen Tätigkeit als Produktgestalterin bei verschiedenen Spielzeugherstellern gelernt? Wovon profitierst du jetzt? Und vermisst du auch etwas?
Ich habe gelernt, dass man sich manchmal durch Aufgaben durchbeißen muss, auch wenn sie einem nicht immer zusagen. Jedes Produkt muss reifen und mit dem Reifeprozess gewinnt man für sich selbst wichtige Erfahrungen, positive wie negative. Eurch meine Arbeit bei zwei großen deutschen Spielwarenherstellern plus dem Grundbaustein meines Studiums bin ich zu der geworden, die ich bin. Ich weiß, dass es im Laufe des Jahres immer wieder Spitzen gibt, wo viel zu tun ist, wo man ranklotzen muss und die Arbeit nicht immer Spaß macht. Aber dafür kommen dann wieder ruhigere Zeiten, wo man mehr Ruhe und Muse hat. Was ich im Moment noch sehr vermisse ist der ständige Austausch mit Kolleg/innen, den ich bisher hatte. Ich treffe mich zwar einmal im Monat mit einer anderen Puppenmacherin aus Stuttgart, aber das ist etwas anderes, als sich wöchentlich zu sehen und dazwischen zu telefonieren. Außerdem habe ich noch keine klare Trennung von Beruf und Privatem, was an meinem fehlenden Zeitmanagement liegt. Daran arbeite ich. Was ich im Moment auch vermisse, ist das monatliche Gehalt, das nicht mehr kommt. Ich verdiene zwar schon Geld, aber noch nicht regelmäßig, was sich manchmal komisch anfühlt, da ich bisher finanziell unabhängig war.

Kannst du schon ein bisschen Bilanz ziehen aus deinem ersten Jahr in Selbständigkeit? Wie zufrieden bist du mit deiner Arbeit in wirtschaftlichen Hinsicht?
Die Bilanz ist auf jeden Fall positiv. Meine Arbeit macht mir Spaß. Wirtschaftlich gesehen hatte ich keine Vorstellung, was in diesem Jahr passieren wird. Ich bin erstaunt, wie viel es doch schon ist, auch in Form von Umsatz. Ich habe einen Puppenkurs gegeben und werde noch einen weiteren in diesem Jahr machen. Ich habe Puppen verkauft und Aufträge für Weihnachten vorliegen. Im Moment habe ich genau so viel zu tun, wie ich gut schaffen kann, und das passt prima für mich. Ich bin schließlich in der Startphase, das heißt, dass ich mich noch finden muss.

Was würdest du heute, wo du selbst ein Label für Puppenmacherei hast, Menschen empfehlen, die sich mit dieser Arbeit selbständig machen möchten?
Habt Geduld mit euch, perfektioniert euch nicht und habt Spaß am Puppenmachen und Weiterentwickeln eurer Ideen! Denn die Freude, die in euch steckt, steckt dann auch in euren Puppen. Alles ist möglich, wenn ihr es wollt.

Was wünschst du dir für deine berufliche Zukunft und für dein Label?
Aus dem Bauch gesagt, wünschte ich, die Tage wären länger und die Stunden würden langsamer vergehen, damit ich alle Ideen, die mir so durch den Kopf schwirren, in die Tat umsetzen kann. Überlegt mit Kopf und Verstand, wünsche ich mir Geduld, Kraft und Gelassenheit, meine Ideen zu sortieren, um dann die umzusetzen, die ich auch wirklich schaffe. Eine Mischung aus diesen Punkten würde mich glücklich machen. Vor allem soll genug Zeit für meine Familie und für mich bleiben. Meine Kinder werden gerade so schnell groß und ich genieße es, dass sie mich noch brauchen. Viel zu schnell wird der Tag kommen, an dem sie mich nicht mehr brauchen, weil sie „selber groß“ sind.

Vielen Dank, liebe Kathrin, für deine Antworten. Ich wünsche dir alles Liebe und ganz viel Freude und Erfolg mit Blaumarie!

Kathrins Internetseite findet ihr hier.

(Disclaimer: Aufgrund der derzeitigen Rechtslage, die schon das bloße Nennen von Marken und Verlinken von Produkten, Marken, Menschen, Orten usw. als Werbung einstuft, kennzeichne ich diesen Beitrag als einen mit WERBLICHEN INHALTEN. Dennoch gilt: Wenn ich hier etwas oder jemanden benenne und als gut befinde, geschieht das als persönliche Empfehlung und im Rahmen meiner redaktionellen Themenauswahl. Alle hier gesetzten Links sind ein kostenloser Service von mir – unbezahlt und unaufgefordert. Alle hier genannten Produkte sind selbst gekauft. Bezahlte Kooperationen, sollte es sie jemals auf meinem Blog geben, würden immer ganz eindeutig als solche gekennzeichnet werden.)

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