1. Dezember 2014

DIY: Stricktuchpuppen zum Pucken

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Kurz nachdem meine Tochter geboren wurde, schloss ich mich einer Elterninitiative zur Gründung eines neuen Waldorfkindergartens in Berlin-Mitte an, der heute als Fliederhof bekannt ist. Die intensive Mitarbeit dort sowie die nachfolgenden Kindergartenjahre haben meine Arbeit als Puppengestalterin natürlich sehr inspiriert.

In der Gründungsinitiative habe ich zum Beispiel meine liebe Freundin Laura von 1000 Rehe kennengelernt. Damals waren wir noch keine Puppenmacherinnen, sondern Mamis, die im wöchentlichen Bastelkreis Spielsachen für den Kindergarten herstellten. Dort bin ich auch zum ersten Mal mit sogenannten Waldorfpuppen in Berührung gekommen. Liebe auf den ersten Blick war es aber nicht, denn diese Puppen wirkten so unheimlich streng und altbacken auf mich. Es war vor allem Laura mit ihrer frischen und freien Herangehensweise und ihrer unbändigen Kreativität, die mir später zeigte, dass es auch ganz anders geht.

Es gab aber ein besonderes Erlebnis in dieser Zeit, das mich  sehr berührte und mir große Lust auf die Puppenmacherei machte. Ich erinnere mich noch genau, wie Anna, die Gründungserzieherin, uns Eltern ihre einfachen Stricktuchpuppen zum Pucken vorstellte, die sie den Kindern als einzige Puppen zum Spielen geben wollte. Dafür nahm sie ein Stück Wolle und wickelte es mit ruhiger und aufmerksamer Geste zu einer Kugel auf. Diese band sie mit einem schlichten naturweißen Stricktuch ab, so dass ein Kopf und vier einfache Glieder entstanden. Dann nahm sie ein großes farbiges Baumwolltuch, faltete es sorgfältig und schlug die Puppe fest damit ein.

Wow! In dem Moment standen mir Tränen in den Augen. Ich war so gerührt und mein Herz ganz weit. Diese Puppe war so schlicht und einfach und doch spürte ich, dass alles in ihr steckte, was ein Kind an Puppe braucht. An diesem unscheinbaren Nachmittag in einem Raum voller geschäftiger Eltern und lärmender Kinder bekam ich zum ersten Mal eine wirkliche Ahnung davon, was meine Berufung sein könnte.

In den darauffolgenden Wochen strickte ich wie eine Weltmeisterin, schließlich sollte jedes Kind in unserem Kindergarten eine solche Puppe in die Arme gelegt bekommen. Und auch zu Hause mit meiner kleinen Tochter habe ich das Spiel unzählige Male wiederholt. Wickeln, binden, pucken, lösen. Diese Puppenmomente gehören zu meinen allerschönsten Erinnerungen an ihre Kleinkindzeit.

Als ich mich ein, zwei Jahre später auf den Weg in die berufliche Puppenmacherei machte, habe ich die Stricktuchpuppen zum Pucken natürlich in mein Portfolio aufgenommen und ein paar Jahre zum Verkauf angeboten. Sie liefen zwar nicht besonders erfolgreich, aber ich glaube bis heute fest an ihren unschätzbaren Wert. Denn ganz ehrlich, neben all den schönen Puppen, die ich heute für Kinder auf der ganzen Welt nähe, haben diese einfachen Stricktuchpuppen einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen.

Damit möglichst viele Familien – denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass nicht nur die Kinder daran Freude haben –  in den Genuss dieses wertvollen Spielzeugs kommen, möchte ich heute ein Herzens-Do-It-Yourself mit euch teilen und euch zeigen, wie ihr selbst so eine Stricktuchpuppe herstellen könnt.

Ihr braucht

1 bis 2 Knäuel Strickgarn aus naturweißer Schurwolle mit einer Lauflänge von ungefähr 100 bis 120 Metern auf 100 Gramm

20 bis 30 Gramm Schurwolle am Vlies

1 Stück reißfesten Zwirn

1 Baumwolltuch ungefähr mit den Maßen 100 cm x 100 cm

und natürlich Stricknadeln, eine Schere und eine Nähnadel

Und so geht’s

Aus dem Schurwollgarn strickt ihr im kraus-rechten Muster ein quadratisches Tuch ungefähr mit den Maßen 40 cm x 40 cm und vernäht die Fäden. Damit ist die Arbeit schon geschafft und das Spiel kann beginnen.

Bei den folgenden Schritten können eure Kinder gern dabei sein und miterleben, wie aus einem einfachen Tuch und ein bischen Wolle ihre Puppe entsteht. Aus dem Schurwollvlies wickelt ihr eine Kugel mit einem Umfang von ungefähr 25 cm. Diese legt ihr in die Mitte des Stricktuchs und bindet sie mit einem Stück Zwirn ab, so dass ein Kopf und vier Zipfel für die Arme und Beine entstehen. Aus den Enden der Zipfel können auch noch Hände und Füße geknotet werden. Zum Pucken faltet ihr das Baumwolltuch ein Mal in der Diagonalen, legt es mit der Spitze nach unten und schlagt die Puppe fest damit ein.

So schön eingehüllt liegt sie warm und angenehm in den Armen eurer Kinder und begleitet sie durch den Tag. Am Abend wird die Puppe wieder gelöst und kann am nächsten Tag durch eure Hände neu entstehen. Dieser tägliche Vorgang kann zu einem schönen gemeinsamen Ritual werden, vor allem wenn er von einem kleinen Liedchen oder Vers begleitet wird. So werden die Stricktuchpuppen zu einem großen Geschenk für eure Kinder, jeden Tag aufs Neue. Und ganz nebenbei erfahren sie, dass mit viel Vorstellungskraft und Liebe aus allem alles entstehen kann, was eine der besten und wertvollsten Lektionen der Spielzeit ist.

Ich wünsche euch und euren Kindern ganz viel Freude mit den Stricktuchpuppen!

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